Corona-Lockdown: Angstzustände und Depressionen steigen

Psychologen haben es schon länger vermutet. Jetzt sind erste Tendenzen erkennbar. Studien belegen einen Anstieg von Depressionen und Angstzuständen in bestimmten Gruppen. Weil durch den Lockdown das gesellschaftliche Leben auf ein Minimaß geschrumpft ist. Dass es auch die Chance gibt, da wieder raus zu kommen, kann für manche nur ein schwacher Trost sein. Trotzdem muss es das Ziel sein, gestärkt aus dieser Krise hervorzugehen. Die Chancen stehen nicht schlecht. 

Das gab es so noch nie in Deutschland. Eine ganze Gesellschaft ist (fast) zum Nichtstun verdammt. Insofern fehlt die geschichtliche Erfahrung auf beiden Seiten. Zum einen kann die Gesellschaft nicht auf vergleichbare Erlebnisse aus der jüngeren Geschichte zurückgreifen, zum anderen gibt es aus medizinischer Sicht auch nicht allzu viele Erfahrungen mit Quarantänemaßnahmen.

 

Nimmt man frühere Studien zu Quarantänemaßnahmen zu Rate, so weiß man zumindest, dass besonders die Angst um die eigene Gesundheit und die der Angehörigen, eine fehlende Alltagsroutine, fehlender sozialer und körperlicher Kontakt, aber auch fehlende Vorräte und eine ungewisse medizinische Versorgung sich negativ auf die mentale Gesundheit auswirken können. Dauert die Quarantäne länger, so nimmt auch die Belastung zu.

 

So könnte die „Coronakrise zu einer psychischen Gesundheitskrise werden", wie Raffael Kalisch vom Mainzer Leibniz-Institut für Resilienzforschung (RIL) meint. Resilienz beschreibt die psychische Widerstandskraft, also die Fähigkeit, schwierige Lebenssituationen ohne bleibende Schäden zu überstehen.

 

Gerade jetzt im beginnenden Frühling drängt es die Menschen nach draußen. Endlich Sonne, endlich schöneres und wärmeres Wetter. Zeit, die ersten Ausflüge zu unternehmen und sich mit Freunden zu treffen. In diesem Jahr ist alles anders. Vor allem jüngere Leute trifft die Entscheidung der Behörden hart, dass man auf Abstand zu gehen habe und ansonsten möglichst zuhause bleiben solle.

 

Wer ein Faible dafür hat. mag diese Zeit auch als willkommene Entschleunigung sehen. Doch für Menschen, die unter psychischen Krankheiten leiden oder gefährdet sind, triggert diese Situation Ängste oder gar Depressionen. Damit ist gemeint, dass die verordnete soziale Isolation ein auslösendes Moment für Angststörungen oder Depressionen sein kann. Je länger der Lockdown andauert, umso höher ist das Risiko, dass sich die mentale Belastung auch auf psychisch gesunde Menschen auswirkt.

Belastung für die gesamte Gesellschaft

So schreiben internationale Forscher in einem neuen Beitrag des Jama Networks, dass je länger die Pandemie andauere, eine erhebliche Zunahme an Depressionen und Angstzuständen, Drogenmissbrauch, Einsamkeit und häuslicher Gewalt drohen. Von früheren Fundamentalereignissen wie Naturkatastrophen, z. B. dem Tsunami 2004 kennt man diesen Anstieg von Depressionen, posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) und anderen psychischen Krankheiten in deren Folge.

 

So hat Raffael Kalisch vom RIL in Kooperation mit der Charité und vielen internationalen Resilienzforschern eine weltweite Studie gestartet, um herauszufinden, welche Faktoren die Psyche während der Coronakrise schützen können. Um einmal die Dimension zu verdeutlichen, sagt Kalisch: „Wir haben es mit einer unbekannten Bedrohung zu tun: Auf einmal vermengen sich wirtschaftliche und medizinische Faktoren“ und prophezeit, dass es „Menschen geben wird, die durch die Krise materiell und psychisch schwer geschädigt sein werden.“

 

Auch nach dem Lockdown ist es noch nicht vorbei

Wird der Lockdown eines Tages aufgehoben sein, drohen weitere Stressfaktoren. Schließlich werden die wirtschaftlichen Schäden in ihrer Dimension erst später sichtbar. So könnten neben dem Verlust des Arbeitsplatzes, finanzielle Probleme und daraus folgende Abhängigkeiten von Angehörigen, gerade bei Geringverdienern drohen.

 

Jetzt sollen Studien Aufschluss darüber geben, warum manche Menschen besser mit der Krise zurechtkommen und warum. „Wenn wir die Resilienzfaktoren kennen, können wir Handlungsempfehlungen ableiten", so Kalisch weiter.

 

Er macht dabei auch Hoffnung: „Solche Fähigkeiten kann man trainieren.“

Unser Gehirn

Ist darauf gepolt, dass es sich mit der Zukunft beschäftige. Dafür würden alle möglichen Informationen gesammelt, was diese bringen könnte. Erhalten wir keine guten, so wie in der jetzigen Situation, so würden wir anfangen zu grübeln. Und das sei besonders für diejenigen schwierig, die anfällig seien für Angststörungen oder Depressionen, erklärt Kalisch die Folgen. Ein Ausweg? Man müsse nicht nur die Informationsaufnahme kontrollieren, sondern solle sich auch mit positiven Menschen umgeben und produktiv mit der Situation umgehen. 

 

Bedeutet: Zu erkennen, was man gerade nicht ändern kann und dafür eine gewisse Gelassenheit zu entwickeln. Jedoch sind diese Tipps schwer umsetzbar für all diejenigen, die als Single das Leben frönen.

 

Erste Zwischenergebnisse zeigen, dass die psychische Gesundheit stark davon abhängt, wie wir Bedrohungen generell und die durch Corona wahrnehmen und für uns persönlich bewerten. Optimisten zeigen eine größere Resilienz. Wer Unabänderlichkeiten akzeptieren könne und sich das Positive aus der Situation ziehe, kommt auch mit Corona besser klar.

 

Daten aus China zeigen, dass vor allem junge Leute und jene, die im Gesundheitswesen den besonderen Belastungen ausgesetzt seien, anfällig dafür seien, psychisch zu erkranken.

 

Wie man mit seinen Ängsten umgehen kann, haben wir hier erläutert.

 

Gerade in diesen Zeiten sei es wichtig Stress zu vermeiden. Das bedeutet auch, den Tagesablauf entsprechend umzubauen. Wichtig sei auch ein geregelter Ablauf, beginnend mit festen Mahlzeiten, Abwechslung von Phasen der Anspannung mit denen der Entspannung. Gerade für die Psyche ist es wichtig, für Entspannung zu sorgen. Das kann auch mal Zerstreuung vor der Glotze sein. Besser jedoch, man nutzt Entspannungstechniken wie Yoga und Meditation um „runter“ zu kommen.

 

Auch der ständige Nachrichtenkonsum sollte stark reduziert werden. Wer sich mit Unabänderlichkeiten „füttert“, könnte in ein tiefes Loch fallen. Besser sei es, verstärkt die schönen Dinge wahrzunehmen. Um die Nerven im Zaum zu halten, ist auch die Schlafhygiene von entscheidender Bedeutung. Das bedeutet regelmäßiger und ausreichender Schlaf, möglichst immer zu festen Zeiten, in gut gelüfteten und verdunkelten Räumen.

 

Tipps zu gutem Schlaf haben wir hier für Sie hier.

Gewöhnung

Die wöchentlich erfolgte Befragung von Menschen in der Krise in Deutschland, zeigt, dass nach ca. vier Wochen ein plötzlicher Umschwung zu beobachten sei. Aber auch, dass vor allem junge Leute die Situation als belastend einschätzen. Das zeige sich in mehr Langeweile, Einsamkeit, Niedergeschlagenheit und Ängsten. Die Menschen würden sich auch an die Krise gewöhnen. 

 

Daher sei zu befürchten, dass man weniger gewillt sei, die verordneten Maßnahmen auch einzuhalten. Insbesondere wird immer stärker der Sinn und Nutzen von Kontaktsperren und Ausgehverboten hinterfragt. Zumal Studien vom RKI starke Zweifel daran aufkommen lassen, ob die Fallzahlen dadurch sinken würden. 

 

Die Studienautoren konnten dagegen feststellen, dass das jetzige Sinken der Zahlen eher auf das Verbot von Großveranstaltungen und die Schul- und Kitaschließungen zurückzuführen sei, denn auf die Kontaktsperren.

 

Unser Resilienzforscher Kalisch hofft, dass die gegenwärtige Krise zu einem stärkeren Gemeinschaftsgefühl beitrage. Nach dem Motto: gestärkt aus einer Krise hervorgehen. Resilienz eben.

 

Zusammenfassung

Erste Ergebnisse von europaweiten Studien lassen Befürchtungen wahr werden, dass Angststörungen, Depressionen und andere psychische Erkrankungen während der Coronakrise steigen. Der Anstieg sei umso größer, je länger der Lockdown aufrechterhalten wird. Daher sei es wichtig, mögliche Faktoren zu ermitteln, warum manche besser mit dieser Situation umgehen könnten, also eine stärkere Resilienz hätten als andere.

 

Resilienz ist erlernbar. Das würde nicht nur helfen, aus der Krise gestärkt hervorzugehen, sondern man könnte auch später im Alltag kritische Situationen besser zu meistern.